Prävention und Bekämpfung des Illettrismus
Die Schweiz hat ein leistungsfähiges Bildungswesen. Trotz Absolvierung der obligatorischen Schuljahre hat dennoch jeder zehnte Schweizer Mühe beim Lesen und Schreiben. Die steigenden Anforderungen an die Lese- und Schreibekompetenz haben zunehmend stärkere Auswirkungen auf den beruflichen und privaten Alltag der Betroffenen. Diese vermögen Sätze zu lesen, aber im Zusammenhang nicht zu verstehen. Packungsbeilagen oder Formulare werden zu unüberwindbaren Hürden. Illettrismus, wie die Lese- und Schreibschwäche auch genannt wird, drückt auf das Selbstwertgefühl, führt zu gesellschaftlicher Isolation und bedeutet nicht zuletzt auch einen volkswirtschaftlichen Verlust.
Seit 20 Jahren unterstützt der Verein «Lire et Ecrire» in der französischen Schweiz Erwachsene mit Lese- und Schreibschwächen. Er bietet den Betroffenen Kurse an und sensibilisiert die Öffentlichkeit und politische Entscheidungsträger mit Standaktionen, Petitionen und einem Schülermagazin, sowie durch die Unterstützung von Studien zum Tabuthema Illettrismus. Das langjährige Engagement von «Lire et Ecrire» ist einer der Gründe, weshalb die Problematik in der französischen Schweiz bekannter ist als in den übrigen Landesteilen.
Rund 120 Kurse pro Jahr helfen Menschen, ihrer Lese- und Schreibschwäche zu begegnen, den Umgang mit Computern zu lernen oder Fahrschultheoriekursen besser folgen zu können. Die Kurskosten werden von «Lire et Ecrire» dank Spendengeldern bewusst tief gehalten, da viele Betroffene in schlecht bezahlten Berufen arbeiten. Der Verein besitzt das Gütesiegel «EduQua».
Der Verein «Lire et Ecrire» wurde 1988 in Genf gegründet. Heute finden Interessierte an 32 Standorten vom Jura über den Genfersee bis ins Wallis das passende Kursangebot. Die Ausbildung von spezialisiertem Lehrpersonal und die Freiwilligenarbeit in kulturellen und sozialen Bereichen sind die Grundpfeiler des Erfolgs, der «Lire et Ecrire» zum Vorbild für entsprechende Bemühungen in der Deutschschweiz macht.